„Nein danke, wir sterben nicht!“

Die Postkarte mit diesem Text, gesehen vorletzte Woche während der Messe „Leben und Tod“ in Freiburg, lässt mich schmunzeln – und bringt es auf den Punkt. Die Weigerung vieler Eltern, rechtzeitig die für einen Notfall wichtigen Dokumente und Vollmachten auszustellen, bringt deren Nachkommen, spätestens wenn es ans Erben und an das Auflösen des Elternhauses geht, oft an den Rand der Verzweiflung. Sie kennen das vermutlich, wenn Sie – wie so viele andere – z.B. monatelang auf einen Erbschein gewartet, sich mit Ihren Geschwistern um den Hausrat der Eltern gestritten haben oder zunächst nicht an das elterliche Konto herankonnten, um laufende Kosten davon zu bezahlen.

Überwinden Sie Ängste und Aberglauben

Viele wollen ihren eigenen Kindern diese Erfahrung später ersparen und beschließen, nun für sich selbst „nun aber endlich“ Vorsorgedokumente anzulegen. Häufig bleibt es aber bei diesem Vorsatz, und es geschieht: nichts. Schuld daran ist oft – neben Zeitmangel und den vielen anderen wichtigen Dingen im Alltag – ein diffuses Bauchgrummeln. Es stellt sich bei vielen Menschen schon dann ein, wenn sie Begriffe wie Testament oder Patientenverfügung nur hören: Wenn ich ein Testament mache, sterbe ich. Wenn ich eine Patientenverfügung ausstelle, passiert auch bestimmt was Schlimmes.

Lassen Sie sich nicht von diesen Ängsten leiten. Seien Sie mutig und gehen Sie es an.

Informieren Sie sich, und: Lassen Sie sich beraten

Internet und Buchhandlungen sind voll mit Ratgebern zu diesem Thema. Wenn Sie ganz sicher gehen wollen, dass Ihre Dokumente wirklich exakt auf Ihre Lebenssituation abgestimmt und außerdem rechtssicher sind, sollten Sie sich durch einen Anwalt oder eine Fachanwältin für Erb- und Familienrecht beraten lassen. Das ist gut angelegtes Geld, denn es verschafft Ihnen das beruhigende Gefühl, nichts zu übersehen und keine unbeabsichtigten Fehler in Ihre Dokumente einzubauen, die später zu großen Schwierigkeiten führen können.

Nichtstun bewirkt keine Wunder

Seien Sie aufrichtig mit sich selbst. Verzichten Sie darauf, Ihre Angehörigen bewusst über Ihre Wünsche im Unklaren zu lassen oder sie durch Nichtstun im Nachhinein noch z. B. für eine uralte Kränkung aus Kindertagen bestrafen zu wollen. Hoffen Sie auch nicht darauf, dass sich Ihre zerstrittenen Kinder an Ihrem Krankenbett oder an Ihrem Grab urplötzlich wieder vertragen, dann in schönster Eintracht gemeinschaftlich handeln und die fehlenden Dokumente dann gar keine Rolle mehr spielen. Das geschieht so gut wie nie. Im Gegenteil: Ein schon bestehender Streit wird ohne Dokumente meist sogar noch schlimmer.  

Vorsorgedokumente sind keine Einbahnstraße

Gehen Sie also mit gutem Beispiel voran. Und: Ermutigen Sie auch Ihre erwachsenen Kinder, Notfalldokumente zu erstellen und Sie oder eine andere Vertrauensperson zu bevollmächtigen. Vielen ist das nicht bewusst: Sind Ihre Kinder über 18 Jahre alt, haben Sie als Elternteil rechtlich keinen Anspruch mehr, Entscheidungen für sie zu treffen – vollkommen, egal, wie tief ihre Liebe zu Ihren Kindern ist. Und auch für Ihre/n Partner/in gilt: Ohne Vollmachten wird es kompliziert. Ärzte sind oft rechtlich verpflichtet, Informationen nur Menschen zu teilen, die eine entsprechende Vollmacht vorweisen können.

***

Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie anstrengend es sein kann, diese Dokumente zu entwickeln – und wie beruhigend es sich anfühlt, sie dann zu haben. Im Ernstfall kann und darf jemand in meinem Sinne handeln und wenn notwendig auch dafür sorgen, dass meine Wünsche hinsichtlich einer möglichen Betreuung, Pflege oder auch Bestattung respektiert werden.

Sorgen Sie vor – niemand sonst kann es für Sie tun

Legen Sie, ggf. mit professioneller Unterstützung, die folgenden fünf persönlichen Notfalldokumente an:

Erstellen Sie eine Generalvollmacht: Diese erlaubt einer von Ihnen eingesetzten, vertrauenswürdigen Person, in Ihrem Namen Entscheidungen zu treffen, wenn Sie dazu nicht mehr in der Lage sind. Sie können Bedingungen festlegen und entscheiden, ob die Vollmacht auch über Ihren Tod hinaus gelten soll.

  1. Errichten Sie ein Testament: Es regelt, was nach Ihrem Tod mit Ihrem Vermögen geschieht. Ein Testament verringert oder verhindert oft sogar Missverständnisse und Streitigkeiten unter den Erben.
  2. Erstellen Sie eine Vorsorge- und Betreuungsvollmacht: Diese Dokumente legen fest, wer sich um Sie kümmern soll, wenn Sie nicht mehr selbst entscheiden können und was Sie sich für diesen Fall z.B. in Sachen Pflege und anderer Maßnahmen wünschen. Ohne eine solche Vollmacht könnte unter bestimmten Umständen z. B. ein gerichtlich bestellter Betreuer eingesetzt werden.
  3. Schreiben Sie eine Patientenverfügung: Hier dokumentieren Sie Ihre Wünsche zu medizinischen Behandlungen, wenn Sie nicht mehr selbst entscheiden können. Dies ist für Ärzt*innen eine ungemein wichtige Orientierungshilfe, die in der Regel erleichtert respektiert wird, solange sie rechtlich einwandfreie und von Ärzten auch befolgbare Bestimmungen enthält.
  4. Erstellen Sie eine „Praktische Liste“: Eine Liste mit wichtigen Informationen für Ihre Kinder kann ebenfalls hilfreich sein. Notieren Sie Kontaktdaten von Ärzten, Versicherungen und Banken, aber auch konkrete Anweisungen zu dem Teil Ihres Nachlasses, der übrigbleibt, nachdem Ihre alle Verfügungen aus Ihrem Testament umgesetzt worden sind.

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